Feinabsteckung (Geodäsie/Vermessung)

Bernd, Friday, 11.03.2016, 15:20 (vor 2960 Tagen) @ ErikE

Hallo ErikE,

zunächst wäre zu klären was die Kollegen und Geschäftspartner unter Feinabsteckung verstehen…
Meiner Meinung nach bedeutet eine Feinabsteckung nichts anderes, als das die Abmessungen des Projektes (Gebäude, Bauwerk, Achse…) in hinreichender Genauigkeit in die Örtlichkeit übertragen werden. Sei es direkt oder als Achsen auf ein Schnurgerüst.
Die „hinreichende Genauigkeit“ ist abhängig vom Projekt. Eine Fertigungsstraße im Maschinenbau hat natürlicherweise höhere Ansprüche an die Genauigkeit als ein freistehendes Einfamilienhaus.
Die Stationierung im Gelände, und die dazu gewählte Methode, ist davon völlig unabhängig und eigentlich als selbständige Aufgabe zu sehen, die der „Kollege“ im Vorfeld der Absteckung zu lösen hat.
Hat der Kollege bei der Feinabsteckung noch Zwangsbedingungen einzuhalten (z.B. Grenzabstände), so wird er diese vor der eigentlichen Absteckung zu prüfen haben.
Nehmen wir einmal als Beispiel die Feinabsteckung eines Einfamilienhauses und als Zwangsbedingung die Grenzbebauung.
Dann kann man wie folgt vorgehen:
- Prüfen der Lagegenauigkeit der Koordinaten der relevanten Gebäude- und Grenzpunkte anhand der Katasterunterlagen (siehe Antwort von derMoeller :

Natürlich muss man vor der Absteckung seine Stationierung überprüfen, also die Identität der Anschlußpuntke sicherstellen sonst wäre das echt fahrlässig.
Maßstabsfaktor 1 halte ich persönlich für richtig für die Obejketpunkte, da ansonsten die Maße am Bau geändert werden, was auf keinen Fall passieren darf
.)

o Ist die Genauigkeit der Koordinaten hoch (unter 2 cm), oft in Gebieten mit neuerer Baulandumlegung der Fall, kann ohne weitere Grenzprüfung abgesteckt werden (evtl örtliche Anschlußpunkte über GPS-Messung schaffen).

o Ist die Genauigkeit nicht so hoch empfiehlt sich die Grenzprüfung über die Vermessungsrisse. Hier ist auch das „Prinzip der Nachbarschaft“ einzuhalten. Dabei wird die Identität und die Lagegenauigkeit der entsprechenden Punkte festgestellt. So kann dann die „freie Stationierung“ bereits Aufschluss über die Genauigkeit der Punkte liefern (siehe Antwort von Michael:

Nach der Stationierung kannst Du Dir die Restklaffen anschauen für jeden Anschlußpunkt und ggf. sogar eine Robuste Schätzung durchführen, wenn was im Argen liegt. Ich kann jetzt nur für Leica sprechen, bin aber zuversichtlich, dass dies auch andere Hersteller so handhaben. Insofern sollte bei der freien Stationierung bereits erkennbar sein, ob die Örtlichkeit mit den Unterlagen konform ist.)

- Ist die Lage der Grenze, auf die sich die Zwangsbedingung bezieht, zweifelsfrei festgestellt, sollte diese auch als Basis dienen ( siehe Antwort von derMoeller:
Grundsätzlich sollte man eine Feinabsteckung nur im Nahbereich durchführen. bedeutet im Endeffekt:
Am besten eine örtliche Basis ohne Maßstabsfaktor
Möglichst kurze Zielweiten und nach Möglichkeit nur ein Standpunkt
.)


Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass auch eine freie Stationierung bei einer Feinabsteckung verwendet werden kann. Allerdings sollten dann die Restklaffen der Anschlußpunkte bei Null sein. Und insbesondere wenn es sich um ein größeres Projekt handelt, bei welchem mehrere Feinabsteckungen notwendig sind, sollte man sich zuvor ein Spannungsfreies Netz aufbauen.

Über schief stehende Grenzpunkte und spannungsfreie Netze gibt es natürlich auch noch viel zu sagen... Aber irgendwie kommt mir mein Text eh schon zu lang vor....
:-(
LG und ein schönes Wochenende!
Bernd


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion